Hat man gegen eine Bank oder Sparkasse einen Rechtsanspruch auf ein Girokonto?

Der bargeldlose Zahlungsverkehr ist heutzutage für das tägliche Leben essentiell. Kein Arbeitnehmer erhält heute noch am Ende seines Monats seine „Lohntüte“, sein Gehalt wird ihm vielmehr wie selbstverständlich auf die von ihm angegebene Kontoverbindung überwiesen.

Sozialleistungen werden vom Staat auch nur in den seltensten Fällen in Bar oder in Naturalien gewährt, sondern dem Leistungsempfänger durch Gutschrift auf seinem Konto zur Verfügung gestellt. Und auch der Vermieter einer Wohnung wird wahrscheinlich eher merkwürdig berührt sein, wenn ihm sein zukünftiger Mieter mitteilt, dass er die monatlichen Mietzahlungen nicht überweisen, sondern regelmäßig persönlich vorbeibringen will.

Die zentrale Bedeutung, die ein Girokonto zum Zweck der Zahlungsabwicklung hat, steht allerdings in krassem Gegensatz zu der Tatsache, dass es nach wie vor Mitglieder in der Gesellschaft gibt, denen der Zugang zu einem Girokonto bei der Bank verweigert wird. Gerade Mitglieder von Randgruppen oder sozial schwächere Menschen werden von Banken bei ihrem Wunsch, ein Girokonto zu eröffnen, nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen. Es herrscht auch im Bankrecht grundsätzlich die Privatautonomie vor, was im Konkreten bedeutet, dass sich auch die Banken ihre Geschäftspartner nach Belieben aussuchen können. Erscheint einer Bank der Aufwand, der mit der Führung eines Kontos verbunden ist, zu groß und der mit der Kontoführung zu erzielende Ertrag als zu gering, dann haben Banken in der Vergangenheit mehr als nur einmal einen Antrag auf Eröffnung eines Girokontos abschlägig verbeschieden.

Die Problematik der essentiellen Wichtigkeit eines Girokontos zur selbstbestimmten Teilhabe am täglichen Leben ist jedoch auch weder der Bankenwirtschaft noch den Gerichten in Deutschland verborgen geblieben. Es gibt in der Zwischenzeit zahlreiche mehr oder weniger verbindliche Bestimmungen, die es jedem Bürger ermöglichen sollten, Zugang zu einem Girokonto zu finden. Wo dies in der Vergangenheit noch nicht funktioniert hat, haben mitunter die Gerichte nachgeholfen.

In zahlreichen Sparkassengesetzen bzw. Sparkassenordnungen der Länder ist mittlerweile vorgesehen, dass die Sparkassen jedermann Zugang zu einem Girokonto ermöglichen müssen. So sieht zum Beispiel § 5 Abs. 2 BaySpkO (Bayerische Sparkassenordnung) folgende Regelung vor:

Ähnliche Regeln gelten beispielsweise in Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen.

Erstaunlicherweise haben solche Vorschriften zum Abschlusszwang in Bezug auf ein Girokonto bisher in zahlreichen Bundesländern noch keinen Einzug in die dort geltenden Sparkassengesetze gefunden. Keine gesetzliche Verpflichtung zur Gewährung eines Girokontos kennen bisher Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und das Saarland.

Sparkassen, die sich als Körperschaften des öffentlichen Rechts auch ohne gesetzliche Verpflichtung weigern, jedem Kunden auf Wunsch ein Girokonto zu eröffnen, hat der Bundesgerichtshof (Az.: XI ZR 403/01) bereits im Jahr 2003 folgendes mitgeteilt:

Die privaten Banken haben sich bisher lediglich über ihre Vertretung im Zentralen Kreditausschuss, einem Zusammenschluss der Spitzenverbände des deutschen Kreditgewerbes, zu einer Empfehlung gegenüber ihren Mitgliedsunternehmen durchringen können. Danach sollen „alle Kreditinstitute, die Girokonten für alle Bevölkerungsgruppen führen, für jede/n Bürgerin/Bürger in ihrem jeweiligen Geschäftsgebiet auf Wunsch ein Girokonto bereithalten“. Dies soll nur dann nicht gelten, wenn die Eröffnung eines Girokontos für die Bank im Einzelfall unzumutbar ist. Eintragungen bei der SCHUFA sollen nach dieser Empfehlung für die Bank alleine kein Grund sein, die Führung eines Girokontos zu verweigern.

Gerade diese Selbstverpflichtung auch privater Banken hat in der Vergangenheit diverse Gerichte allerdings dazu veranlasst, im Einzelfall einen Rechtsanspruch auf Eröffnung eines Girokontos anzunehmen, wenn es keinen sachlichen Grund zur Ablehnung durch die Bank gab.